Wenn der Zeitpunkt für die Kinderplanung nicht stimmen will

Der Spagat zwischen Karriere und Familie zu meistern, kann für Frauen und Männer im Alter zwischen 30 und 50 Jahren zu einer der größten Herausforderungen werden.

Denn die Gesellschaft geht nicht gerade zimperlich mit Frauen um, die sich trotz Kinder auch für eine Vollzeitkarriere entscheiden und Kinderbetreuungseinrichtungen nutzen. Oft werden sie als „Rabenmütter“ abgestempelt. Andererseits können Frauen, die für ihre Kinder zu Hause bleiben und im Job zurückstecken müssen, in die Teilzeitfalle tappen. Sie können in eine berufliche De-Qualifizierung geraten oder finden sich häufig in einem Hamsterrad von Mehrfachbelastung, Unzufriedenheit und finanziellen Einbußen wieder.

Der Spagat zwischen Karriere und Familie ist für viele Familien eine Zerreisprobe und bringt sie häufig an die Grenze des Machbaren und psychisch Aushaltbaren. Gründe sind fehlende familienfreundliche Rahmenbedingungen in der Wirtschaft, Politik und Gesellschaft. Es fehlen Betreuungsplätze in Kindertagesstätten und qualifizierte Erzieher und Erzieherinnen. Die seit Jahren aufweichenden Rollenbilder von Mutter und Vater sind in der Politik und Wirtschaft nur vereinzelt angekommen. Obwohl sich in den letzten Jahren vieles verändert hat, fehlen in vielen Arbeitsbereichen noch immer Arbeitszeitmodelle, die eine Elternschaft für Männer und Frauen ermöglichen. Finanzielle Einbußen junger Familien oder Solo-Mütter und -Väter machen zusätzlich die Entscheidung schwer. Die Kinderplanung wird aufgeschoben.

In diesem Beitrag erfährst du:

  • Neues Rollenverständnis in Familien
  • Warum die Kinderplanung immer wieder aufgeschoben wird
  • Die dramatische Konsequenz des Aufschiebens
  • Wann der richtige Zeitpunkt für ein Kind ist
  • Wie Frau es schafft, Kinder und Karriere zu vereinen
  • 10 der besten Tipps, den Spagat zwischen Karriere und Familie zu meistern

Rollen und Vorurteile

Seit 20 Jahren ist ein klarer Trend unter den frisch gebackenen Eltern zu sehen. Heute übernehmen beide Elternteile die klassische Rolle der Mutter. Was vor 25 Jahren kritisch beurteilt wurde, ist heute gang und gäbe. Väter und Mütter teilen sich die Elternzeit. Sie übernehmen in gleichem Maße die Aufgaben im Haushalt und der Kindererziehung. Dadurch können Frauen, neben der Kindererziehung ihrem Beruf nachgehen und parallel zur Familie ihre Karriere entwickeln.

Damals wurden Männer belächelt, die den Kinderwagen schoben und mit ihren Kleinen auf dem Spielplatz Sandburgen bauten und Rotznasen abwischten. Frauen wurden schräg angeschaut, wenn sie mit Kleinkindern gleichzeitig auch ihre berufliche Karriere weiterverfolgten.

Schaut man heute in unsere gesellschaftliche Landschaft entdeckt man immer häufiger ganz neue Familienkonstellationen. Homosexuelle Paare adoptieren Kinder. Lesbische Frauen bringen ihre Kinder aus früheren heterosexuellen Beziehungen in die neue Patchworkfamilie ein. Zweckgemeinschaften bilden sich. Wohngemeinschaften und Mehrgenerationenkonzepte weichen die Mikrofamilien immer mehr auf. In diesem Zusammenhang wird es auch immer häufiger möglich, dass eine Gemeinschaft für die Kinderbetreuung die Verantwortung übernimmt, während die Mütter die gewünschten Freiräume für ihre persönlichen Pläne haben.

Was sehr in die Zukunft gedacht klingt, sollte Frauen im Alter zwischen 25 und 35 Jahren ermutigen, nicht davor zurückzuschrecken, sich frühzeitig um die Familienplanung zu kümmern. Sie sollten klar kommunizieren wie sie sich ihr Leben mit Kind und Karriere vorstellen und dafür die Weichen stellen.

Arbeitgeber dürfen umdenken, denn die Annahme, dass allein Frauen durch Kinderplanung immer wieder ausfallen, ist zu kurz gedacht. Auch hier gilt offene und klare Kommunikation, die auf Vertrauen und Wertschätzung aufbaut.

Kinderplanung aus Unsicherheit und Angst aufschieben

Viele Frauen sind der Überzeugung, dass die Fruchtbarkeit einer Frau erst ab 40 Jahren abnimmt. Die Realität zeigt allerdings, dass dies bereits ab 30 Jahren passiert. Die natürliche Befruchtung liegt z.B. ab 35 Jahren pro Zyklus bei nur noch 16 Prozent, im Vergleich zu 23 Prozent bei 25- bis 30-jährigen Frauen. Mit 22 – 25 Jahren dauert es durchschnittlich 4 Monate bis eine Schwangerschaft eintritt, mit 35 Jahren dauert es bereits ca. 8 Monate. Außerdem zeigen Eizellen bereits ab dem Alter von 35 Jahren zunehmend genetische Veränderungen.

Diese Überzeugung hat Folgen. Frauen kümmern sich oft viel zu spät um ihre Ängste und Unsicherheiten, eine Familie zu gründen. Die Planung wird in die Zukunft vertagt, anstatt sich klarzumachen, was sie wollen und wie sie ihre unterschiedlichen Wünsche vereinen können. Durch das ständige Aufschieben der Kinderplanung versäumt sie z.B. nach Vorbildern zu schauen, die mit der Vereinbarung von Familie und Karriere glücklich und erfolgreich sind.

Den richtigen Zeitpunkt gibt es häufig nicht

Wie in vielen Dingen im Leben gilt auch hier: den richtigen Zeitpunkt gibt es nicht. Allerdings gibt es günstige oder weniger günstige Zeitfenster. Die Kinderplanung aufzuschieben, kann ein Risiko sein und zu großer Enttäuschung führen. Hier tickt die biologische Uhr. Die Promotion kann auch noch mit 40 angestrebt werden. Die Chance Schwanger zu werden ist jedoch mit 30 sehr viel höher als mit 40.

Heutzutage ist es fast schon normal, der beruflichen Karriere und anderen persönlichen Wünschen von Selbstverwirklichung Vorschub zu leisten, während der Kinderwunsch immer wieder in die Zukunft verschoben wird. Erst wenn die Karriere und der persönliche Life Style passt, denkt man allmählich über Kinder nach. Doch auch dann scheinen die Parameter nicht zu stimmen. Stadtleben passt nicht ins Familienbild, der Partner für die Familiengründung gibt es nicht (mehr) oder die Ängste existieren nach wie vor. Diese haben nur ihre Begründungen geändert.

Angst Karriere und Kind nicht vereinbaren zu können

Einer Umfrage des Marktforschungsinstituts Splendid Research in 2020 ergab, dass 31% der befragten Frauen, ihren Kinderwunsch aufschieben, weil sie die hohen Kosten eines Kindes fürchten. Gefolgt von 28%, die sich erst einmal selbstverwirklichen wollen. Der Karriere den Vorzug zu geben, liegt bei 24% der befragten Frauen vor. Bei 39% der Akademikerinnen sind es die Kosten, die ein Kind verursacht, die sie warten lassen. Diese Befürchtungen sind nicht von der Hand zu weisen. Denn die Lebenshaltungskosten steigen mit einem Kind, während Zeitausfall und Kinderbetreuung das Budget kürzen. Es lohnt sich, die einzelnen Lebensbereiche, Bedürfnisse und Wünsche genauer unter die Lupe zu nehmen und den Mut zu haben, das aktuelle Leben und Arbeiten auf den Prüfstein zu stellen und neu zu bewerten. Dadurch kann man einen Plan ableiten, der es erleichtert, sich für ein Kind zu entscheiden.

Kinderplanung - Spagat zwischen Karriere und Familie - ZAVA Studie

Vom nächsten Karriereschritt ausgeschlossen

Kind und Selbstverwirklichung scheint für viele Frauen nicht vereinbar. Frauen zwischen 30 und 50 Jahren sind oft davon überzeugt, dass sie durch eine eigene Familie an individueller Freiheit einbüßen.

Ein Generationenporträt des Zukunftsinstituts von 2013 beschreibt die Millenials wie folgt: „Selbstverwirklichung und deren Umsetzung sind die Antriebsfedern, die nicht mehr nur privat, sondern auch beruflich beflügeln sollen.“

Quelle: Zukunftsinstitut Megatrend der Gesellschaft

Dieser Trend zur Selbstverwirklichung zeigt sich auch im Rahmen der „New Work“-Bewegung. Diese Generation fordert die Möglichkeit für berufliche Auszeiten wie Sabbaticals, flexibles Arbeiten und Fortbildungsangebote.
Was spricht gegen die Vereinbarkeit von Familie und Karriere, wenn es immer flexibler werdende Arbeitsmodelle gibt?
Frauen, die eine Familie gründen wollen, befürchten von der Liste der nächsten Beförderung oder Fortbildung gestrichen werden. Werden sie zurückgestellt, sind sie oftmals enttäuscht und fühlen sich ausgegrenzt und abgelehnt. Daher schweigen sie beim Arbeitgeber in Bezug auf ihre persönlichen Pläne. Sie resignieren oder wissen nicht, wofür sie sich nun entscheiden wollen.

Frauen denken oft zu kurzfristig, wenn es darum geht, die eigene Karriere zu planen, denn sie haben Angst, dass der Zug vor ihrer Nase abfährt. Mütter bringen jedoch wertvolle Kompetenzen in die Arbeitswelt. Immer mehr Unternehmen erkennen diese Kompetenzen an und schätzen sie.

Arbeit mit Kindern macht belastbar

„Ich wollte immer ein Kind und habe mich wahnsinnig gefreut, als es auf die Welt kam. Als Belastung habe ich das nie empfunden. Und beruflich bin ich durch das Kind bestimmt nicht schlechter, sondern eher besser geworden. Denn ich war gezwungen, meinen Tag effizienter zu organisieren“, sagt Professor Helga Rübsamen-Waigmann, Geschäftsführerin der AiCuris GmbH & Co. KG, ein Kind.

Worauf solltest du achten

Es gibt Frauen, die spüren sehr genau, wann sie bereit sind Mutter zu werden. Andere Frauen hingegen sind stark von außen beeinflussbar und spüren, den inneren Impuls nicht. Ihre Entscheidungen sind häufig begleitet von Zweifeln und Ängsten. Nimm dir einen Moment Zeit und prüfe für dich, wo du im Moment stehst. Hast du Angst? Fehlt dir der Plan? Gibt es Möglichkeiten bei deinem Arbeitgeber Beruf und Familie zu vereinbaren? Kreative Lösungen bieten manchmal völlig neue Gelegenheiten. Es lohnt sich, genauer hinzuschauen. Am besten wartest du nicht länger und ziehst deine Kinderplanung-Pro-Kontra-Bilanz!

10 Tipps – um den Spagat zwischen Karriere und Familie zu meistern

Familie und Beruf in Einklang zu bringen ist eine Herausforderung, trotz besserer Rahmenbedingen für die Vereinbarkeit von Karriere und Kind.

Nicht immer läuft alles nach Plan. Kinder werden krank und müssen von der Kita zu Hause bleiben. Ein Meeting läuft länger als geplant und die Tagesmutter will pünktlich gehen. Der Haushalt wartet und mit ihr die ungeliebte Bügelwäsche. Raum und Zeit müssen immer wieder jongliert werden und das braucht Fokus, Konzentration und Energie.

Hier sind die besten Tipps, um den Alltag als berufstätige Mutter mit Herz und Verstand zu meistern:

1. Von der „Rabenmutter“ zur „Mutter mit Achtsamkeit“

Wer sagt, dass eine berufstätige Mutter eine „Rabenmutter“ sei? Sie ist eine Expertin in der Organisation von unterschiedlichen Projekten und Aufgaben. Sie kommuniziert klar und verständlich, denn nur diese Sprache verstehen kleine Kinder. Sie stellen ihre Bedürfnisse nicht hinten an, sondern finden einen Weg für Balance zu sorgen. Berufstätige Mütter lernen schnell mit ihrer Zeit sorgsam umzugehen und üben sich in der Praxis der Achtsamkeit. Das bedeutet, wenn sie arbeiten, arbeiten sie. Wenn sie mit ihrem Kind Zeit verbringen, sind sie voll und ganz bei ihrem Kind.

2. Perfekt gibt es nicht

Berufstätige Mütter scheitern nicht an ihren Aufgaben, sondern an dem Bedürfnis, alles perfekt zu machen. Dieser Hang zu Perfektionismus sorgt für unnötigen Stress. Sie wollen es allen recht machen und setzen sich unter Druck. Dieser Stress führt schnell zu Unzufriedenheit und triggert den Perfektionismus noch weiter. Und genau das funktioniert nicht. Perfekt gibt es nicht. Das sollte man akzeptieren. Da kann eine Fünf auch mal gerade sein.

3. Nein-Sagen ist keine Schande

Einer der großen Stressauslöser ist die fehlende Abgrenzung zu den Bedürfnissen anderer. Man muss es nicht immer allen recht machen. Ein klares Nein kann sehr heilsam sein. Es schenkt Zeit und stärkt den Selbstwert. Ein Nein kann signalisieren, dass eine Grenze überschritten werden könnte oder wurde. Über diese darf dann z.B. mit dem Chef neu verhandelt werden.

4. Qualität wichtiger als Quantität

Es kommt nicht auf die Anzahl der Stunden an, die man mit seinen Kindern verbringt. Viel wichtiger ist die Qualität dieser Zeit. Kinder spüren es sehr genau, ob ihre Eltern wirklich bei ihnen oder gedanklich noch bei der Arbeit sind. Wird zum Beispiel gebastelt, entsteht ein gemeinsames Gewerk, dass anschließend bewundert werden kann. Mit dem eigenen Kind in echter Verbindung zu sein, z.B. tanken Eltern und Kinder beim Kuscheln ganz viel Energie und stärken ihr Immunsystem.

5. Aufgaben abgeben

Berufstätige Mütter lernen recht schnell Aufgaben zu delegieren. Sie bringen ihren Kindern frühzeitig bei, ihr eigenes Zimmer aufzuräumen. Sie binden ihren Partner in die häuslichen Aufgaben mit ein. Am Arbeitsplatz delegieren sie häufiger und sagen schnell mal nein. Vielleicht übernimmt jemand außerhalb des Haushaltes die Bügelwäsche. Der Lieferservice sorgt für einen gedeckten Tisch – trotz knapper Zeit.

6. Familienfreundlichkeit im Job

Viele Jobs lassen sich familienfreundlich gestalten. Immer mehr Chefs begrüßen es, wenn die Vereinbarkeit von Familie und Beruf gelingt und eine wertvolle Arbeitskraft erhalten bleibt. Immer mehr Unternehmen bieten bereits flexible Arbeitsmodelle an. Zum Beispiel Homeoffice, Job-Sharing oder das Ansparen von zusätzlicher Familienzeit mit geringer Teilzeit, um im Team integriert zu bleiben.

7. Plan B für alle Fälle

Ein Notfall Plan für alle Fälle ist beruhigend. Wer holt im Falle eines Falles, das Kind von der Kita oder der Schule ab? Kann auch der Partner zu Hause bleiben, wenn das Kind krank ist? Wo kann das Kind mal übernachten? Gibt es ein Netzwerk von berufstätigen Frauen, die füreinander einspringen können? Übernehmen die Großeltern einen Teil der Kinderbetreuung? Besteht die Möglichkeit ein Au Pair in die Familie aufzunehmen?

8. Im Hier und Jetzt sein

Die größten Energieräuber sind die Gedanken an die Vergangenheit und die Zukunft. Ein schlechtes Gewissen, weil etwas nicht erledigt werden konnte. Angst eine Frist nicht zu schaffen. Die Befürchtung, dass eine Planung scheitern wird. Der Urlaub ist zu teuer. Die neue Wohnung noch weit in der Zukunft. Mark Twain sagte: „Ich hatte viele Sorgen in meinem Leben – doch die meisten sind nicht eingetroffen.“ Das Bewusstsein darüber, dass wir nur im Hier und Jetzt etwas ändern können, spart viel Energie und Nerven.

9. Gelassenheit als neue Tugend

Dinge so sein zu lassen, wie sie sind. Aus Bewertungen aussteigen und stattdessen mehr ins Leben zu vertrauen. Das sind Praktiken, die helfen mit mehr Ruhe und Gelassenheit den Alltag zu bewältigen. Gelassenheit reduziert toxischen Stress und hilft kreative Lösungen zu finden, wo es kompliziert zu sein scheint.

10. Mach mal eine Pause

Es ist wissenschaftlich bewiesen, dass nur 7 Minuten meditieren pro Tag für 21 Tage das Stresshormon Cortisol um 30 % senkt. Auf Dauer sorgt diese kurze Meditation für mehr innere Ruhe, einen klaren Verstand, kluge Entscheidungen und „starke Nerven“.

Mehr Informationen darüber, wie Meditationen Gehirn und Geist verändern.

Fazit

Die Probleme, die ein Kinderwunsch mit sich bringt, werden häufig überschätzt und sorgen für Stress. Dieser macht blind für die tatsächlichen Chancen. Tatsächlich ist der Spagat zwischen Karriere und Familie heute wesentlich leichter zu meistern als noch vor 20 Jahren. Viele Rahmenbedingungen bei Arbeitgebern sind geschaffen. Die neue Lebensbilanz, die ein Kind einbezieht, kann mehr bereichern als die Euros auf dem Konto oder der letzte Luxusurlaub.
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