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Lange haben Nina und ihr Mann Patrick auf ein Baby gewartet. Leni. Ein absolutes Wunschkind. Die Schwangerschaft verlief problemlos. Das Babyzimmer wurde liebevoll eingerichtet und jeder einzelne Strampler voller Vorfreude gekauft. Alles war perfekt. Doch nachdem Leni ein paar Monate auf der Welt war, schlich sich bei Nina immer mehr das Gefühl der Unzufriedenheit ein. Sie versuchte sich selbst einzureden, dass das bestimmt normal sei, schließlich war sie übermüdet und die Nächte kurz. Sie müsse sich wahrscheinlich nur noch etwas an ihre Mutterrolle gewöhnen, auf die sie so lange gewartet hat. Und dass ihre Figur auch noch nicht wieder wie vor der Geburt war, ebenfalls normal, sagt ja auch ihre Hebamme. Wie Nina mit dem Thema „Regretting Motherhood“ konfrontiert wird und wie sie damit umgeht, erfährst du in diesem Beitrag. Zusätzlich findest du Tipps für den Umgang mit dem Thema.

Nina suchte Ablenkung, indem sie sich mit anderen frisch gebackenen Mamas traf und sich mit Leni beim Babyschwimmen anmeldete. Doch auch hier war bei Nina schnell die Luft raus. Die Gespräche mit den anderen Müttern, die sich ausschließlich darum drehten, wer wann wie viel stillte, ob Paul schon saß oder Max sich alleine auf den Rücken drehen konnte, nervten sie schnell. Es ging nur noch um die Babys. Sie vermisste die Abende mit ihren Freundinnen. Unbeschwert stundenlang quatschen. Beim Lieblingsitaliener noch eine Flasche Wein zu bestellen, weil es gerade so nett ist. Danach vielleicht noch tanzen gehen. Ohne auf die Uhr zu schauen. Bei dem Gedanken huscht Nina ein Schmunzeln übers Gesicht. Doch im gleichen Augenblick ermahnt sie sich selbst zur Vernunft. Sie ist doch jetzt Mama und sollte mal lieber ihr neues Familienglück genießen. Natürlich traf sie ihre Mädels noch. Doch aus Prosecco wurde Cappuccino. Anstatt sich abends zu treffen, fanden die Treffen nun meistens Nachmittags statt. Währenddessen lag Leni auf ihrer Decke, spielte und genoß den Besuch sichtlich.

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Wenn Patrick morgens ins Büro ging, erledigte Nina den Haushalt, ging einkaufen und holte Patricks Hemden aus der Reinigung. Leni war ein pflegeleichtes und zufriedenes Kind, sie schlief viel und weinte wenig. Sie machte es ihren Eltern wirklich leicht. Doch wenn Nina mittags mit ihren Erledigungen fertig und mit Leni wieder zuhause war, kam auch das Gefühl der Unzufriedenheit wieder hoch. Sie schaute auf ihre Armbanduhr, um diese Zeit findet gerade das wöchentliche Meeting statt. Nina liebte ihre Arbeit in einer Werbeagentur. Kreativ sein, gestalten, Entwürfe diskutieren, mit Kolleginnen und Kollegen arbeiten und plaudern. Immer öfter ertappte sie sich bei Gedanken an ihren Job und das Team aus der Agentur.

Monat um Monat verging und Nina musste sich irgendwann eingestehen: mein jetziges Leben langweilt mich!
Sie sprach mit ihrem Mann darüber, der ebenfalls merkte, dass mit ihr etwas nicht stimmte. Sie beschlossen, zu verreisen, damit die Familie gemeinsam mehr Zeit hat. Mal raus und auf andere Gedanken kommt. Die Auszeit tat allen gut. Wieder zu Hause, engagierten Nina und Patrick stundenweise einen Babysitter. So hatte Nina wieder mehr Zeit für sich und konnte zum Sport, zum Friseur oder zum Mädelsabend gehen. Nina blühte kurzzeitig auf, doch schnell war da wieder diese Unausgeglichenheit. Es nervte einfach alles: das permanente Babygebrüll, andere Mütter, die in ihrer Babyblase nur so aufgingen und das ständige Zuhausesein. Das Leben zwischen Brei und Wickeltisch. Gespräche am Tag, geistige Anforderung und Abwechslung, das alles fehlte Nina sehr. Immer öfter ertappte sie sich selbst bei dem Gedanken: „Hätte ich das vorher gewusst, dann hätte ich mich wahrscheinlich anders entschieden.“

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Regretting Motherhood: Schlechtes Gewissen und Stimmen von außen

Auch ihr schlechtes Gewissen machte sich immer breiter: Bin ich eine schlechte Mutter, weil mir das Muttersein alleine nicht reicht? Liebe ich mein Kind genug, wenn mich seine Betreuung alleine nicht ausfüllt? Bin ich egoistisch und leidet mein Kind darunter?

Schnell kamen auch Stimmen von außen dazu: Wie kannst du dein Kind so oft in fremde Hände geben? Du bist egoistisch und denkst nur an dich. Du bist Mutter, du musst glücklich und erfüllt sein. Überleg doch mal, wie lange ihr auf euer Kind gewartet habt. Du wirst später bereuen, was du verpasst hast usw. Ninas permanente Unzufriedenheit sorgte auch immer öfter für Streit zwischen ihr und Patrick. Als wieder einmal die Fetzen flogen, schrie er: „Du hast doch alles! Ein Kind, ein schönes Zuhause, was willst du denn noch?“ „Ich will mein altes Leben zurück!“. Ohne Nachzudenken feuerte Nina genau das zurück, was ihr so lange unausgesprochen durch den Kopf ging und das was man als Mama doch nie sagen sollte.

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Regretting Motherhood: Wenn Mütter bereuen

Das Baby ist da, doch statt rosarot und himmelblau ist alles trist und grau. Eine Tatsache, die mehr Frauen betrifft, als gedacht. Eine Mutter muss mit dem ersten Atemzug ihres Neugeborenen von Herzen glücklich und erfüllt sein und in ihrer Rolle aufgehen. Etwas anderes wird gesellschaftlich nicht akzeptiert. Und genau hier liegt das Problem: Vielen Mamas reicht das nicht aus. Während für die meisten Männer nach der Geburt das Leben nahezu unverändert weitergeht, ändert sich für die Frau fast alles. Sie bleibt zuhause, sie ist 24/7 für das Kind (oder die Kinder) da. Sie kümmert sich um den Haushalt, Kindergarten, Schule und die damit verbunden Pflichten und Termine. Natürlich unterstützen die Papas, wo sie es können. Sie kümmern sich beispielsweise am Wochenende oder nach Feierabend um das Kind bzw. die Kinder, doch am Ende des Tages bleibt einfach der Großteil immer noch an der Frau hängen. „Wenn ich einen Abend etwas mit Freundinnen unternehmen möchte, dann muss ich das Tage vorher organisieren: Haben wir einen Babysitter? Sind die Kinder versorgt? Geht es allen gut? Sollte kurz vorher doch was sein, bleibe ich zuhause. Wenn mein Mann etwas mit seinen Jungs unternehmen möchte, sagt er 2 Stunden vorher: Bin mit den Jungs weg, kann spät werden!“. So oder so ähnlich äußern sich die Frauen in meiner Praxis dazu.

Bereuende Mütter lieben ihre Kinder dennoch über alles

Nina aus unserer Geschichte ist nur ein Beispiel. Die Mutterrolle zu bereuen, kann verschiedene Ausmaße und Hintergründe haben:

  • Eine Businessfrau, die für ihr Kind ihre Karriere aufgegeben hat.
  • Eine Nachzügler-Mama, die eigentlich froh war, dass die Größten aus dem Gröbsten raus sind.
  • Ein Kind, das nicht gesund auf die Welt kam und zeitlebens auf Hilfe und Unterstützung angewiesen sein wird.
  • Eine Beziehung, die der Belastung des Elternseins nicht standhält usw.

Eines haben jedoch alle Frauen gemeinsam. Sie fühlen sich egoistisch und ungerecht. Allen Beteiligten gegenüber und nicht nur sich selbst. Dennoch lieben sie ihre Kinder und ihre Familie über alles auf der Welt.

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Sich manchmal das alte Leben zurückzuwünschen, ist nicht egoistisch.

Wenn Frauen sich bei dem Gedanken erwischen, sich ihr altes Leben zurückzuwünschen – ein Leben ohne Kind(er) – dann ist das erst einmal ganz normal und hat nichts mit Egoismus zu tun. Dahinter kann ganz viel stecken. Frust, Langeweile, Über- oder Unterforderung. Meistens kann mit etwas mehr „Me-Time“, einer gleichmäßigeren Aufgabenverteilung oder der Möglichkeit, der Arbeit wieder in Teilzeit oder stundenweise nachzugehen, geholfen sein.

Regretting Motherhood: Sich anzuvertrauen, ist der erste Schritt.

Wenn damit jedoch keine Besserung erzielt wird, dann ist es wichtig und legitim, sich Hilfe zu holen. Sich anzuvertrauen, ist der erste Schritt. Da das im Familien- und Freundeskreis jedoch meist nicht möglich ist, stellen eine Gesprächstherapie oder ein professionelles LifeCoaching gute Alternativen dar.

Das Ziel dabei sollte sein, dass Frau sich wieder wohl und vollkommen fühlt, auch in ihrer Mutterrolle und ohne schlechtes Gewissen.

Fruchtbarkeitsyoga-Meditation

Das kann kurz- und langfristig helfen:

Das Wichtigste vorab: Du bist eine gute Mutter!

  • Lass deine Gedanken und Gefühle zu. Versuche sie nicht zu verdrängen.
  • Nimm dir mehr Zeit für dich. Plane dir deine „Me-Time“ bewusst und regelmäßig ein.
  • Verbringt gemeinsam als Paar Zeit.
  • Fordere aktiv Hilfe und Unterstützung im Haushalt und der Kinderbetreuung ein.
  • Reflektiere, was dir genau fehlt und was du im Moment dagegen tun kannst.
  • Erhalte alte Freundschaften und nimm dir bewusst Zeit dafür.
  • Arbeite stundenweise oder in Teilzeit, wenn dir dein Job fehlt.
  • Lass deine alten Hobbys wieder aufleben.
  • Vertraue dich an, suche Hilfe und nimm dich selbst an, so wie du bist.

Partner4Baby-Fazit:

Das Thema „Regretting Motherhood“ steht im Gegensatz zu dem, was sich Menschen mit einem unerfüllten Kinderwunsch zu erfüllen versuchen. Wie bei der Kinderlosigkeit, handelt es sich hierbei auch um ein Tabuthema. Daher kann es sich lohnen, auch einen Blick auf die Seite einer erfüllten Kinderwunschreise zu werfen. Alle Gefühle die vor, während und nach einer Kinderwunschreise auftauchen, dürfen gefühlt werden. Auch wenn es sich im ersten Moment um unangenehme und sogar „verbotene“ Gefühle oder Gedanken handelt. Jedes Gefühl hat seine Berechtigung.

Zur Autorin: Friederike von Bredow

Zur Autorin: Alexandra Schuffenhauer

Alexandra hat Psychologie studiert und arbeitet als LifeCoach und systemische Therapeutin in ihrer eigenen Praxis in Hamburg. Ihr Schwerpunkt liegt auf der Unterstützung von Frauen mit unerfülltem Kinderwunsch, sowie Frauen, die eine große Herausforderung in ihrer Mutterrolle (Regretting Motherhood) haben. Zusätzlich arbeitet Alexandra in einer Kinderwunschklinik. Ein Coaching ist online oder in ihrer Hamburger Praxis möglich. Ihre Arbeit ist für Alexandra mehr als ein Beruf: Es ist ihre absolute Herzensangelegenheit!

Mehr über Alexandra erfährst du hier: www.littlelove-coaching.de

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